Biologisch abbaubar - was bedeutet das eigentlich bei Kosmetik- und Haarpflegeprodukten?

  • Woran du Produkte erkennst, die gut für dich und die Umwelt sind.
  • Verstecken die Hersteller schädliche Inhaltsstoffe in den Zutatenlisten?
  • Was kannst du selbst für mehr Nachhaltigkeit in der Haarpflege tun?

Aus den Augen – aus dem Sinn. So ist das leider häufig bei Kosmetik- und Haarpflegeprodukten. Wir benutzen sie und freuen uns an ihren Wirkungen: Schöne Haare oder geschmeidige Haut hat jeder gern. Aber welche Wirkung haben diese Produkte, wenn sie im Abflussrohr verschwunden sind? Darüber machen sich viele oft nur wenig Gedanken. Die konkreten Auswirkungen auf komplexe Ökosysteme sind zu unterschiedlich und vielfältig, als dass wir sie in diesem Beitrag umfassend beleuchten könnten. Was du aber sicher schon mitbekommen hast: Es ist sinnvoll, wenn möglichst wenige Inhaltsstoffe in die freie Natur gelangen, die potenziell schädlich für die Umwelt sind. Im Idealfall sind sie „biologisch abbaubar“. Was aber bedeutet das bei Kosmetikprodukten? Und warum ist das überhaupt wichtig? Diesen und anderen Fragen gehen wir in diesem Artikel nach.

 

Beginnen wir mit dem Begriff an sich: Biologische Abbaubarkeit – was ist das genau?

In Bezug auf industriell hergestellte Stoffe geht es bei der biologischen Abbaubarkeit stets um folgende Frage: “Kann eine Substanz durch Mikroorganismen (hauptsächlich Bakterien) idealerweise in elementare Bestandteile wie Kohlenstoff, Sauerstoff etc. zersetzt werden?”. Zersetzung ist allerdings grundsätzlich ein natürlicher Vorgang, der nicht nur künstlich hergestellte Stoffe betrifft. Das passiert zum Beispiel auch in unseren Wäldern, wo sich sonst Blätter, Äste und Nadeln zu Bergen auftürmen würden. Der Großteil der Arbeit wird also von Mikroorganismen verrichtet, sowohl in der freien Natur als auch in industriellen Vorrichtungen. Sie sind also sowohl die Bewohner unserer Gewässer und Böden als auch die unserer Kläranlagen.

Verschiedene Stufen der biologischen Abbaubarkeit

Da wir uns hier die biologische Abbaubarkeit in Bezug auf Kosmetika anschauen, wird hier noch weiter unterschieden als nur zwischen abbaubar und nicht abbaubar. Denn in konventionellen Kosmetikprodukten finden sich ja in der Regel viele industriell hergestellte Inhaltsstoffe, z. B. Silikone oder synthetische Tenside, die unter Umständen zwar abbaubar sind, sich dabei allerdings nicht wenig Zeit lassen. Deswegen ist es wichtig, die biologische Abbaubarkeit noch weiter zu unterteilen. Bringt ja nicht viel, wenn Stoffe erst in Monaten oder Jahren abgebaut sind. Die biologische Abbaubarkeit wird unterschieden in leicht, potenziell/inhärent, schwer und nicht abbaubar. Um festzustellen, in welche Kategorie ein Stoff gehört, gibt es entsprechende Messverfahren und Grenzwerte, die erreicht werden müssen.

Messung der leichten Abbaubarkeit

Die leichte biologische Abbaubarkeit ist sozusagen die beste Stufe. Ein Stoff ist dann leicht biologisch abbaubar, wenn er in einer entsprechenden Umgebung schnell und vollständig von den Mikroorganismen zerlegt werden kann. Bei leichter biologischer Abbaubarkeit passiert das Ganze schon im Klärwerk. Also mal eher schnell, denn das Wasser ist dort nach ca. 2 Tagen schon wieder raus (manchmal sogar auch schneller). Ist eine Substanz nicht leicht biologisch abbaubar, dann muss das genauer untersucht werden. Das kann im Labor passieren. Dort wird untersucht, ob ein Stoff in einem von Mikroorganismen belebten Schlamm innerhalb von vier Wochen abgebaut werden kann. Ist das der Fall, spricht man von potenzieller oder auch inhärenter biologischer Abbaubarkeit. Eine weitere Untersuchungsmethode für biologisch nicht leicht abbaubare Stoffe ist der Simulationstest. Dabei wird untersucht, ob der Stoff abgebaut werden könnte, wenn er den normalen Kläranlagen-Prozess durchliefe. Damit bei dieser Untersuchung möglichst wenig Schaden in der Umwelt angerichtet wird, passiert das Ganze in einem „Modell-Klärwerk“. Daher auch der Name Simulationstest.

Warum sollten die Inhaltstoffe von Kosmetika biologisch abbaubar sein?

Jetzt bleiben eigentlich noch zwei Kategorien der biologischen Abbaubarkeit übrig, über die wir noch nicht gesprochen haben. Wenn du dich aber nochmal erinnerst, wie schnell das Abwasser die Kläranlagen durchläuft, dann wirst du merken, dass nur die leichte biologische Abbaubarkeit zählt. Denn alle nicht leicht biologisch abbaubaren Stoffe schwimmen weiter in unserer Umwelt. Ein prominentes Beispiel ist hier das Thema “Mikroplastik”. Diese kleinsten Kunststoffteilchen sind nur schwer biologisch abbaubar. Dementsprechend tauchen sie nicht nur an der Meeresoberfläche auf, sondern auch in der Tiefsee, in der Arktis und sogar im Schnee der Alpen. Da Fische und andere essbare Meerestiere bekanntlich im Wasser leben, kann Mikroplastik auch auf deinem Teller landen. Bei mehr als 33.000 Substanzen auf der INCI-Liste (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) gibt es aber noch mehr „Problemkinder“ als nur Mikroplastik. Und bei einem jährlichen Verbrauch von geschätzt 450.000 Tonnen Kosmetik (allein in Deutschland!) schwimmt einiges mit dem Wasser weg, wenn wir Kosmetikprodukte benutzen. Die Mikroorganismen in den Klärwerken haben also viel zu tun.

Sind natürliche Inhaltsstoffe leichter biologisch abbaubar als synthetisch hergestellte?

Grundsätzlich könnte man vermuten, dass natürliche (Inhalts-)Stoffe leichter abzubauen sind als synthetisch hergestellte. Häufig denkt man dabei an den guten alten Komposthaufen in der Gartenecke, der zu nährstoffreichem Humus wird. Letztendlich ist aber der Ursprung eines Stoffes für die biologische Abbaubarkeit nicht entscheidend. Es ist vielmehr seine chemische Struktur. Das heißt, dass es auch natürliche Stoffe gibt, die aufgrund ihrer chemischen Struktur nicht so leicht biologisch abbaubar sind. Oft ist das der Fall, wenn sie chemisch verändert worden sind. Diese Strukturveränderungen führt man durch, um bestimmte Wirkungen zu erzielen oder Verträglichkeitsvorgaben zu erreichen. Das sind dann zwar immer noch natürliche Stoffe, aber da ihre chemische Struktur leicht verändert wurde, kann das auch die biologische Abbaubarkeit verändern.

Was ist mit konventionellen Kosmetikprodukten, die mit Inhaltsstoffen natürlichen Ursprungs werben?

„Bio“, „natürlich“ oder „frei von ...“ klingt nicht nur gut, sondern ist auch für immer mehr Menschen wichtig. Schließlich wollen wir, dass unser schöner Planet noch möglichst lange erhalten bleibt. Dass Verbraucher nicht mehr nur auf bestimmte Wirkungen schauen, ist inzwischen auch für Hersteller konventioneller Produkte kein Geheimnis mehr. Produktetiketten werden neu designt oder neue Namen werden erdacht, damit auch konventionelle Produkte bei Verbraucherinnen und Verbrauchern als „grün“ punkten können. So genannte „Green Claims“, also umweltbezogene Werbeaussagen, findest du mittlerweile auf zahllosen Produkten. Diese Werbung ist für Unternehmen wirtschaftlich reizvoll, sie geht allerdings auch mit gewissen rechtlichen Sorgfaltspflichten einher: Aussagen müssen verständlich, überprüfbar und zutreffend sein; und sie dürfen die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht in die Irre führen. Das klingt doch schon mal ganz gut! Rechtlich ist es auf der anderen Seite unkonventionellen Herstellern allerdings auch untersagt, zugelassene konventionelle Inhaltsstoffe in ihrer Kommunikation zu diskreditieren oder mit Selbstverständlichkeiten zu werben. So dürfen Hersteller von Naturprodukten beispielsweise nur sehr eingeschränkt damit angeben, bestimmte Inhaltsstoffe nicht zu verwenden, weil der Gesetzgeber sagt: Natürlich nutzt du in deiner Produktkategorie keine künstlichen Inhaltsstoffe – dann darfst du das auch nicht explizit erwähnen. Du siehst: Werbung mit Produkteigenschaften rund um die Nachhaltigkeit ist ziemlich kompliziert.

Wasser ist ein Naturprodukt? Was du nicht sagst…

Der Gesetzgeber schützt dich also grundsätzlich vor missverständlichen Green Claims. Trotzdem legen einige Hersteller eine erstaunlich große Kreativität an den Tag, um den Rechtsrahmen möglichst umfassend auszunutzen. Beispiel: Vielleicht hast du im Drogeriemarkt bei konventionellen Produkten auch schon mal den Hinweis entdeckt, dass dieses Produkt zu einem überraschend hohen Anteil Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs enthalte. Teilweise stehen da 90, 97 oder auch 99 Prozent. Hast du dich auch schon mal gefragt, wie das auf einmal möglich ist? Wie bereits beschrieben, können chemisch veränderte natürliche Inhaltsstoffe teilweise als “Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs” bezeichnet werden. Diese Veränderung der chemischen Struktur kann aber problematisch für den biologischen Abbau sein. Es gibt aber noch einen anderen, entscheidenderen Faktor, der den hohen Prozentsatz an Inhaltsstoffen natürlichen Ursprungs erklären kann: Seit September 2017 darf Wasser als natürlicher Inhaltsstoff eingeordnet werden. Die Liste der Inhaltsstoffe eines Produkts muss absteigend sortiert werden. Das heißt, der mengenmäßig größte Bestandteil steht zuerst. Jetzt darfst du mal raten, was das bei vielen Shampoos ist: Wasser! Viele konventionellen Shampoos bestehen zu über 90 Prozent aus H2O. Jetzt ist nicht mehr schwer zu erraten, wie die hohe Prozentzahl an Inhaltsstoffen natürlichen Ursprungs manchmal zu Stande kommen kann. Wie du vielleicht schon festgestellt hast, verwenden wir bei unseren Shampoo-Konzentrate Hydrolate in Bio-Qualität. Das bedeutet: Das Wasser wird bei der Verarbeitung von biologisch angebauten Pflanzen gewonnen. Das von uns verwendete Wasser ist also nicht nur natürlich, sondern tatsächlich bio.

Wie erkenne ich, ob ein Kosmetikprodukt schwer oder nicht biologisch abbaubare Stoffe enthält?

Das ist gar nicht so leicht, weil der Gesetzgeber den rechtlichen Rahmen bisher eher mal lose abgesteckt hat. Bei dem schwer abbaubaren Mikroplastik ist auch ein EU-weites Verbot in Arbeit bzw. in der Umsetzung. Die Crux an der Sache ist jedoch, dass die Gesetze oft Ausnahmen zulassen. Beispielsweise wird flüssiges Mikroplastik noch immer zugelassen sein, auch wenn das EU-weite Verbot in Kraft getreten ist. Wenn also Hersteller konventioneller Produkte mit Rezepturen ohne Mikroplastik werben, dann solltest du mal einen Blick in die Liste der Inhaltsstoffe (INCI) werfen. Es könnte nämlich sein, dass einfach flüssiges Mikroplastik oder andere flüssige Kunststoffverbindungen (synthetische Polymere) enthalten sind. Die sind ebenfalls nur sehr schwer oder gar nicht biologisch abbaubar. Festes Mikroplastik kann sich zum Beispiel hinter Begriffen wie Nylon, Polypropylene, Polyethylene, Polyurethane oder Polystyrene verbergen. Ihre “flüssigen Brüder” können Acrylates Copolymer, Acrylates Crosspolymer, Polyacrylate, Polyethylene Terephthalate oder Polyquaternium-7 heißen. Hinzu kommt: Leider gibt es noch viel mehr schlecht oder nicht biologisch abbaubare Inhaltsstoffe als nur Mikroplastik, zum Beispiel Silikone.

Wie kannst du sicher sein, dass deine Produkte gut abbaubar sind?

Da sich der Gesetzgeber mit Vorgaben zurückhält, bleibt die Arbeit leider bei dir liegen. Wenn du also biologisch leicht abbaubare Kosmetikprodukte verwenden willst, dann solltest du dir die INCI-Liste anschauen. Manche Hersteller machen es dir leichter, indem sie die meist englisch bezeichneten Inhaltstoffe nicht nur ins Deutsche übersetzen, sondern auch geläufigere Wörter verwenden (anstatt der chemischen oder lateinischen Bezeichnung). Wer als Hersteller nichts zu verbergen hat, kann das natürlich problemlos machen. So wie wir: Die deutsche und geläufigere Bezeichnung der Inhaltsstoffe unserer Wildschön-Produkte findest du auf dem Produkt selbst. Da die Produktetiketten nun mal nur begrenzten Platz bieten, findest du eine ausführlichere Beschreibung im Glossar auf unserer Webseite.

Fazit: Wie lasse ich den Faktor „biologisch abbaubar“ in mein Konsumverhalten einfließen?

Natürlich ist es immer besser, die Umwelt gar nicht zu belasten. Das würde dann aber bedeuten, bestimmte Produkte gar nicht zu benutzen. Wie konsequent du diesem Gedanken folgst, ist deine freie Entscheidung, und wir bewundern Jede oder Jeden, die oder der Einschränkungen in Kauf nimmt, um die Natur zu schützen. Allerdings: Es gibt kein Leben ganz ohne Einfluss auf die Umwelt. Und das ist auch okay so. Wir sind davon überzeugt, dass die Verwendung von möglichst nachhaltigen Pflegeprodukten sinnvoll und vertretbar ist. Wichtig ist dabei die leichte biologische Abbaubarkeit, denn das Abwasser hat wie beschrieben nur einen kurzen Aufenthalt in der Kläranlage. Alles, was in dieser Zeit nicht abgebaut werden konnte, fließt weiter in die Umwelt. Sofern die fleißigen Mikroorganismen in der Kläranlage aber mit den Inhaltsstoffen eines Produkts gut fertig werden, spricht aus unserer Sicht nichts gegen Pflegeprodukte für seidiges, schönes Haar und strahlende Haut.

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